Die Rotkreuzler im Berchtesgadener Land trauern um Josef Hinterstoißer, der im August mit 71 Jahren nach schwerer Krankheit verstorben ist. „Mehrere hundert Angehörige, Freunde und Bekannte auf seiner Beerdigung haben eine brutale Wertschätzung zum Ausdruck gebracht, darunter viele Mitglieder der Motorradstreife aus ganz Bayern“, berichtet der frühere Reichenhaller Wachleiter Rudi Lorenz, der jahrzehntelang mit ihm im Rettungsdienst und Krankentransport zusammengearbeitet hat und auf eine tiefe Freundschaft und eine spannende Zeit zurückblicken kann. „Unser Sepperl war eine außergewöhnliche Persönlichkeit, ein legendärer Kindskopf, immer gut drauf und lustig und für jeden Schmarrn zu haben; eine treue Seele vom alten Rotkreuz-Schlag und ein Tausendprozentiger, der stets hilfsbereit war und wollte, dass es allen gut geht. Ihm war nichts zu blöd und er war für alles zu haben.“
Ursprünglich hatte er Elektriker gelernt, dann wurde er bereits in jungen Jahren Lebensretter und konnte sich bis zum Ruhestand keinen anderen Beruf mehr vorstellen. Er hatte seinen guten Freund Rudi auch in der Rente noch jede Woche angerufen, auch wenn er weit weg als KTM-Testfahrer in Spanien oder im Urlaub unterwegs war. Sepperl war bereits hauptamtlicher Sanitäter, als das Rote Kreuz noch von der Salinenstraße zu den Einsätzen ausrückte; an den Wochenenden hatte meist nur ein Hauptamtlicher gemeinsam mit einem Ehrenamtlichen der Sanitätskolonne Dienst. Regelmäßig war er auch auf Auslandsrückholungen unterwegs.
Seine großen ehrenamtlichen Leidenschaften waren über Jahrzehnte hinweg alle 14 Tage der Sanitätsdienst bei den Angerer Ringern – oft gemeinsam mit Siegi Fritsch – und die Motorradstreife, die er im Landkreis aufgebaut, über lange Zeit mit viel Herzblut geleitet und mit einem Fahrer-Dienstplan während der Hauptreisezeiten zu den Ferien betreut hat. Seine Stärke war, dass er empathisch den Draht zu den Menschen gefunden hat, gut reden konnte und damit auch immer wieder viel erreicht hat, darunter ein erstes im Berchtesgadener Land stationiertes Dienstmotorrad für die Staffel, mit dem Legenden wie Werner Baumgartner, Richie Haller und später auch ein junger Florian Halter unterwegs waren. Das Projekt stand wegen der fehlenden Einnahmen immer wieder finanziell auf wackeligen Füßen, so dass Sepperl regelmäßig seine Kontakte nutzten und gute Freunde und Förderer um Finanzspritzen anfragen musste, wie zuletzt den Unternehmer Bernd Rosenberger, der 2018 für rund 35.000 Euro gleich eine komplette neue Maschine kaufte und dem ausrangierten Vorgängermodell einen würdigen Platz in seinem Museum sicherte.
Ähnlich war es bei den ersten Tragen mit einklappbarem Fahrgestell, die es zunächst nur vereinzelt auf dem Land und sonst nur in der Großstadt gab; Sepperl brachte Kreisgeschäftsführer Edi Schmid dazu, einen Spendenaufruf zu starten, und so wurden die alten Katastrophenschutz-Falttragen gegen neue rückenschonende Fahrtragen ausgetauscht. Von der Bergwacht kamen ausrangierte Handfunkgeräte, die im Landrettungsdienst weiter wertvolle Dienste leisteten, da es dort lange Zeit nur die fest eingebauten Fahrzeug-Funkgeräte gab. Lorenz und Hinterstoißer konnten mit ihrer aufgeschlossenen und kommunikativen Art gut mit den verschiedenen Menschen, traten überzeugend auf und haben für oft große Probleme einfache Lösungen gefunden. Sie waren eng in die Ärzteschaft vernetzt, interessiert und aufgeschlossen, kamen weit herum und schafften es so, dass immer wieder gute Referenten für die Aus- und Fortbildung der Kollegen nach Bad Reichenhall kamen, darunter Instruktoren für Wiederbelebung der Münchner Berufsfeuerwehr, aber auch die vielen sehr engagierten Notärzte rund um Dr. Franz Leipfinger und Dr. Hans Sirtl.
Hinterstoißers Beziehung zu Einsatzfahrzeugen war von einer speziellen Liebe geprägt, wobei er besonders sorgfältig im Check, in der Wartung und bei der Pflege, aber zugleich auch fest davon überzeugt war, dass sie am Limit bewegt werden müssen. „Er war ein extrem guter Fahrer und ortskundig hoch zehn – es gab nichts, was er nicht kannte. Neue Notärzte haben sich zunächst einmal schnell gefürchtet, dann aber mit der Zeit Vertrauen gewonnen, da er auf der Einsatzfahrt nur Vollgas kannte, aber mit seiner fast schon persönlichen Beziehung zu den Fahrzeugen genau wusste, was er macht. Ich kann mich in der langen Zeit, in der er bei uns war, an keinen einzigen von ihm verursachten Unfall erinnern“, lobt Lorenz, der an einen Rodelunfall mit einem verletzten Kind im Januar 2008 am Pidinger Schlosshang zurückdenkt, bei dem der Sepperl souverän mit einem Mitsubishi-Outländer-Notarzteinsatzfahrzeug steil bergauf über den schneebedeckten Hügel bis zum Patienten gefahren ist. Der Einsatz ging durch die Medien und der Hersteller war begeistert und verblüfft zugleich, da der Wagen zwar als geländegängig bekannt war, aber der Sepperl ungeahnte neue Dimensionen eröffnet hatte.